Real Talk: Stoppt Kommentare zum Aussehen von Frauen

Ein neuer Beitrag meiner Real Talk Reihe, nachdem ich vor einiger Zeit schon Real Talk: Bezness, der Liebesbetrug veröffentlicht hatte. Diesmal geht es um Frauen, ihr Aussehen und Sexismus.

“Wow, hast du abgenommen?” – “Mit dieser Frisur siehst du viel besser aus” – “Heißes Outfit”. Bemerkungen wie diese scheinen im ersten Moment vielleicht nett gemeint zu sein und auch ebenso zu klingen, doch eigentlich sind sie Ausdruck eines großen Problems, welches sich Mysogynie oder auch einfach Frauenfeindlichkeit nennt. Auch ich habe lange gebraucht, um das zu verstehen und dahinter zu kommen, warum ich mich bei derartigen Kommentaren schon immer unwohl gefühlt habe, besonders wenn sie von Männern kamen.

Es geht nicht darum, dass ich nicht gut aussehen möchte. Ich mag Mode und Kosmetik und sehe mein Aussehen als eine Art Kunstwerk an. Vielmehr liegt das Problem darin, wie sehr wir Menschen und vor allem nun einmal wir Frauen, auf unser Äußeres reduziert werden, statt als Gesamtpaket wahrgenommen zu werden. Jede Frau wird schon mehrfach die Erfahrung gemacht haben, sich objektifiziert zu fühlen, die eine häufiger, die andere vielleicht etwas seltener. Aber keiner von uns wird dieses Gefühl fremd sein: Sei es bei Fotos, die wir auf Social Media oder in Datingbörsen hochladen, auf der Straße, bei der Arbeit oder sogar vom Partner. Regelmäßig wird unser Aussehen kommentiert, bewertet, in den Vordergrund gestellt. Und das zudem oft in völlig unpassenden Momenten. Wenn ich in mich gehe und nach Beispielen suche für derartige Situationen, die ich in der Vergangenheit erlebt habe, so fallen mir gefühlt Tausende ein. Beispielsweise hatte ich einmal einen Psychiater, bei dem ich Patientin war, als ich mich beruflich in einer für mich sehr schwierigen Findungsphase befunden habe, und dieser machte folgenden Kommentar: “Na ja, da kommt dann so eine junge, hübsche, blonde Frau und soll plötzlich die Chefin sein”. Oder aber ein Mann, den ich kaum kannte sagte zu mir “Mit offenen Haaren siehst du viel sexier aus”. Am schlimmsten war es als ich in der Vergangenheit eine Weile ein Profil bei Tinder hatte. Zwar habe ich einen relativ ausführlichen Profiltext formuliert, in dem ich beschrieben hatte, was für eine Art von Mann ich suche und welche Interessen ich habe, doch merkte ich im Laufe der Chatgespräche, dass fast niemand den Text gelesen hatte, sondern es ausschließlich um die Fotos ging.

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Nachdenklich!

Sehr gut beschrieben ist die Diskriminierung durch Misogynie am Arbeitsplatz übrigens in einem FAZ-Online-Artikel mit dem Titel Sexismus im Büro mit den folgenden Worten: ” Man sieht in einer sehr schönen Frau ein potenzielles Objekt der sexuellen Begierde und denkt daher bei ihrem Anblick nicht an ihre fachliche Kompetenz. Es hat den Anschein, als ob viele Männer schöne Frauen immer noch auf ihre körperliche Attraktivität reduzieren (wollen). Ihr Anblick und ihre Anwesenheit lösen bei Männern gemeinhin Gedanken aus, die mit den beruflichen Anforderungen in keiner Verbindung stehen.” Und weiterhin heißt es im gleichen Artikel über eine Frau: “Ihre Anziehungskraft auf viele Männer war offensichtlich, und diese hielten mit ihrem Urteil über sie nicht zurück: „Nimm du sie in deine Abteilung, dann darf ich auch mal, denn in der eigenen Abteilung kommt das nicht gut“ war eine von vielen sexistischen Bemerkungen, die unverhohlen geäußert wurden.” Es scheint also für die besagten Männer völlig normal zu sein, mehr über das Aussehen der besagten Frau und ihr Sexappeal zu sprechen, als über ihre beruflichen Qualifikationen. Ebenfalls sehr treffend formuliert finde ich eine Passage aus einem Beitrag auf der Webseite des BR, mit dem Titel RESPEKT: Sexismus: ” Frauen haben häufig auch weniger Rechte als Männer, und sie werden häufiger auf ihr Aussehen reduziert. Sexismus beginnt oft in Alltagssituationen: zum Beispiel mit scheinbar lockeren, witzigen Sprüchen oder der Aufforderung, mal zu lächeln, weil frau dann “hübscher aussieht”.”

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“Lächel doch mal”…leider eine typische Bemerkung

Und traurigerweise sind es keinesfalls nur Männer, die regelmäßig das Aussehen von Frauen kommentieren, sondern wir machen das leider auch gegenseitig. Darin zeigt sich, dass Frauenfeindlichkeit so internalisiert ist, dass sie uns in Fleisch und Blut übergegangen ist und wir sie somit meist gar nicht wahrnehmen. Auch ich habe zum Beispiel früher Freundinnen gefragt, ob sie abgenommen haben, mache das aber heute grundsätzlich nicht mehr. Denn so harmlos eine derartige Frage klingen mag, so besagt sie doch gleichzeitig, dass das Gewicht einer Frau von größerer Bedeutung ist, statt es einfach egal sein zu lassen. Auch Bemerkungen zum tollen neuen Outfit oder zur schicken Frisur sehe ich mittlerweile kritisch, zumindest, wenn das die einzigen Komplimente sind, die man Frauen macht. Warum nicht stattdessen mal sagen “Ich bin echt beeindruckt davon, wie weit du es im Job gebracht hast.” Oder aber: “Ich mag deine kritische Denkweise und dein bestimmtes Auftreten”.

Deswegen ist mein Apell an die Gesellschaft, an Männer, aber auch andere Frauen: Hört auf damit, ständig Kommentare zum Aussehen von Frauen zu machen, ganz besonders zu ihren Körpern. Das wird nicht von heute auf morgen funktionieren. Und das ist ok so. Auch mir passiert es immer wieder, dass ich in alte Muster zurück verfalle und sowohl manchmal abwertend über das Äußere anderer Frauen rede oder schlimmstenfalls über ihre Körper, als auch aufs Aussehen bezogene “Komplimente” mache. Das wichtigste ist einfach, dass wir über die Problematik nachdenken, uns bewusst machen, wie schnell wir bei einer Objektifizierung landen und so das System des eindimensionalen Blicks auf Frauen unterstützen. Denn je mehr wir über diese Thematik nachdenken und über sie sprechen, desto mehr regen wir letztendlich auch Andere dazu an, sich zu hinterfragen.


3 Kommentare

  1. So gut gesagt! Ich find das auch ganz schlimm.

  2. Als Mann muss ich sagen erinnere ich mich auch vorrangig an Komplimente über mein Aussehen und weniger an Komplimente zu anderen Talenten…… Sowas fällt halt wohl eher leichter auszusprechen.

    • Das Aussehen ist natürlich immer offensichtlicher. Trotzdem glaube ich, dass insgesamt kein Mann jemals so objektifiziert wird, wie es Frauen einfach regelmäßig passiert 🙁

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